"Wir wollen den Journalismus konstruktiv verändern"
Hartnäckigkeit, Freundlichkeit und Experimentierfreude – das sind für Ellen Heinrichs die Grundvoraussetzungen, die man als Gründer:in mitbringen sollte. Sie selbst ist Geschäftsführerin und Gründerin des Bonn Institute. Ihr Ziel: den Journalismus der Zukunft konstruktiv zu gestalten.
Werksgelände: Was macht man eigentlich als CEO und Founder des Bonn Institute?
Ellen Heinrichs: Als Geschäftsführerin bin ich grundsätzlich dafür verantwortlich, dass das Bonn Institute seinen Gründungszweck umsetzt: Nämlich den Journalismus konstruktiv verändern zu helfen, damit er morgen noch relevant ist. Das bedeutet, ich bin sowohl für unsere strategische Ausrichtung als auch für Gespräche mit Partnern, Kunden und Unterstützerinnen zuständig. Zum Tagesgeschäft gehören auch alle möglichen Managementthemen – von der Personalentwicklung bis hin zur Budgetplanung gemeinsam mit unserem Kaufmännischen Leiter. Besonders gerne schreibe ich allerdings unseren Newsletter, Vortragstexte oder Artikel für Fachzeitschriften – da komme ich meinen journalistischen Wurzeln wieder näher, und das macht mir viel Freude.
Welche Erfahrungen oder Talente sollte man für den Job mitbringen?
In meiner jetzigen Rolle kommt mir sicher zugute, dass ich gerne mit den unterschiedlichsten Menschen rede und es liebe, zu netzwerken. Denn das Bonn Institute will ja Alle zusammenbringen, die Lust haben, den Journalismus konstruktiv zu verändern, damit er gut für unsere Gesellschaft ist. Da ist es wichtig, mit Menschen aus allen Bereichen der Medienbranche im Gespräch zu bleiben und Allianzen zu knüpfen: Wir arbeiten mit innovativen Regionalverlagen genauso wie mit ARD-Anstalten oder lokalen, digitalen oder gemeinnützigen Medienorganisationen im In- und Ausland. Dabei hilft es mir, dass ich in meiner vorherigen Tätigkeit für die Deutsche Welle über viele Jahre auch international Kontakte knüpfen konnte. Außerdem wichtige Eigenschaften für Gründerinnen: Hartnäckigkeit, Freundlichkeit und die Bereitschaft, immer weiter zu experimentieren und dazuzulernen. Meine Zusatzqualifikation als Agile Culture Coach empfinde ich ebenfalls als sehr hilfreich. Sie hilft mir beim Aufbau einer modernen Organisation mit konstruktiver Unternehmenskultur, denn ganz wichtig ist natürlich: Practice what you preach!
Was reizt Dich an Deinem Beruf?
Da gibt es Vieles: Die Möglichkeit zu gestalten und eine Organisation komplett neu aufzubauen, ist eine wundervolle Herausforderung. Dann natürlich unsere Zielsetzung: Die Chance, den Journalismus so mitgestalten zu können, dass er sich nachhaltig verändert und gerade in herausfordernden Zeiten die Menschen mit den wichtigen und hilfreichen Informationen versorgt, die sie brauchen, ist wirklich grandios. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich gemeinsam mit dem tollen Bonn Institute-Team dazu beitragen darf, indem wir Diskussionen anstoßen, und in unseren Workshops und Angeboten mit Medienschaffenden neue Wege erproben dürfen, den Journalismus in die Zukunft zu tragen.
Die Chance, den Journalismus so mitgestalten zu können, dass er sich nachhaltig verändert, ist wirklich grandios.
- Ellen Heinrichs
Was sind die größten Herausforderungen in Deinem Job?
Im Journalismus galt lange Zeit „if it bleeds, it leads“ – also, dass sich schlechte Nachrichten besonders gut zu Geld machen lassen. Diese Überzeugung ist in der Medienbranche ganz tief verinnerlicht und macht den Wandel teilweise schwer – obwohl ja viele Journalistinnen und Journalisten uns absolut zustimmen, wenn wir sagen, dass die Menschen in krisenhaften Zeiten mehr brauchen als Nachrichten über Krisen, Kriege und Katastrophen. Glücklicherweise können wir immer besser zeigen, dass gerade eine konstruktive Veränderung des Journalismus neue Chancen für die Monetarisierung von Medieninhalten birgt. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, auch skeptische Geister mit guten Argumenten zu überzeugen, die notwendigen Veränderungen anzugehen.
Was war Dein bisher größter Flop im Job, und was hast Du daraus gelernt?
Anfang vergangenen Jahres haben wir mit viel Aufwand ein Workshopkonzept für konstruktive Kriegsberichterstattung konzipiert – auf Basis einer Forschungsarbeit, die wir kurz zuvor veröffentlicht hatten. Leider haben sich dann nur ganz wenige Journalisten für das neue Angebot angemeldet, obwohl viele uns gesagt hatten, dass die zunehmende Nachrichtenmüdigkeit des Publikums im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine für ihre Redaktion ein großes Thema sei. Aber konstruktive Kriegsberichterstattung? Das erschien vielen dann doch zu weit weg. Ich habe daraus gelernt, dass wir einen Schritt nach dem nächsten tun müssen. Transformation braucht Zeit, auch in der schnelllebigen Medienbranche – jetzt sind erstmal andere Workshops gefragt: zu lösungsorientiertem Lokaljournalismus und konstruktivem Klimajournalismus beispielsweise. Die laufen richtig gut.
Ellens Tipps für den Nachwuchs
Sprecht mit möglichst vielen Menschen, deren Meinung Ihr nicht teilt und werdet gute Zuhörerinnen und Zuhörer. Menschen, die sich vor allem selbst reden hören wollen, gibt es im Journalismus nämlich schon genug. Die Zukunft gehört denen, die auch zuhören können!
Ellen Heinrichs
… ist Gründerin und Geschäftsführerin des Bonn Institute, das sich seit Januar 2022 für die Förderung und Vermittlung von Konstruktivem Journalismus einsetzt. Als bislang einzige Deutsche war sie Fellow am Constructive Institute der Universität Aarhus/Dänemark. Ihre Karriere begann bei der Rheinischen Post, von wo aus sie über Stationen bei internationalen Organisationen zur Deutschen Welle kam. Dort initiierte sie u.a. die Gründung des internen Netzwerks DW Minds und des DW-Innovationslabs.
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