17. November 2023
Nicolas Friedrich

„Gute Satire braucht Journalismus“

Nicolas Friedrich arbeitet als Online-Redaktionsleiter bei der ZDF heute-show. Für ihn hat die Arbeit an dem Satire-Format auch eine gesellschaftliche Komponente: Menschen für Politik zu interessieren, die von klassischen Fernsehformaten nicht mehr erreicht werden.

Werksgelände: Was macht man eigentlich als Leiter der Online-Redaktion der ZDF heute-show?

Nicolas Friedrich: Ich bin verantwortlich für den Onlineauftritt der heute-show im Netz – das heißt für unsere fünf Social-Media-Kanäle Instagram, Youtube, Tiktok, Facebook und Twitter/X. Meine Redaktion und ich kümmern uns zum einen darum, die TV-Show ins Netz zu bringen, um dort eine jüngere Zielgruppe zu erreichen als im Fernsehen: Die Sendung ist auf Youtube abrufbar und kürzere Highlight-Clips posten wir auf Tiktok oder als Reels auf Instagram. Unser Ziel ist es, diejenigen anzusprechen, die auf dem linearen Weg nicht mit der heute-show in Berührung kommen. Zum anderen erstellen wir tagesaktuellen Content, der nichts mit der TV-Sendung zu tun hat, und den wir explizit social first denken: Memes, Reels, Tweets und so weiter.

Welche Erfahrungen oder Talente sollte man für den Job mitbringen?

Wir teilen uns die Redaktionsleitung als Doppelspitze. Mein Co-Chef kümmert sich um den Humor, ich um Journalismus und Social Media. Dafür braucht es einerseits politische Fachkenntnis: Was ist gerade in der Welt los, wer verfolgt welche Interessen, was kritisieren wir? Satire ist ein Meinungsformat. Deswegen ist eine klare journalistische Einschätzung wichtig: Wo können wir etwas für den Gag zuspitzen, wann wird es inhaltlich verfälschend und damit irreführend? Andererseits braucht es ein breites Allgemeinwissen, da Popkultur und Memes oft die Spielfläche für Humor sind.

In den sozialen Medien gilt: Wer stehen bleibt, geht unter.

- Nicolas Friedrich

Was reizt Dich an Deinem Beruf?

Der Job ist sehr vielfältig. Wir behandeln aktuelle Nachrichten, also passiert auch jeden Tag etwas Neues. Außerdem machen wir heute nicht das Gleiche wie vor drei Jahren – es gibt neue Plattformen, neue Formate. Journalismus und Social Media, da ist immer Bewegung drin. Zudem finde ich es auch gesellschaftlich wichtig, dass es ein Format wie die heute-show gibt. Wenn ich von jungen Leuten höre, wie ihr politisches Interesse dadurch geweckt wurde, dass sie mit ihren Eltern freitagsabends die heute-show geschaut haben oder weil sie unsere Memes so witzig fanden, dann ist das das größte Lob für unsere Arbeit.

Was sind die größten Herausforderungen in Deinem Job?

In den sozialen Medien gilt: Wer stehen bleibt, geht unter. Als wir vor über acht Jahren mit dem Onlineteam an den Start gegangen sind, war Facebook ‚the place to be‘. Heute ist die Plattform überaltert, unser Hauptfokus liegt auf Instagram, in ein paar Jahren mag es Tiktok sein und in zehn Jahren irgendwas, das heute noch keiner absehen kann. Wir müssen uns konstant hinterfragen, ob wir noch das Richtige tun, und Strategie und Content entsprechend anpassen.

Was war Dein bisher größter Flop im Job, und was hast Du daraus gelernt?

Flop ist ein großes Wort, aber es war zumindest eine steile Lernkurve. Ich bin im Herbst 2017 ziemlich plötzlich vom Social-Media-Redakteur aufgestiegen in meine jetzige Position. In die Führungsrolle musste ich erst reinwachsen: Dinge abgeben und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigen statt alles selbst machen wollen. Da habe ich in der Anfangszeit sicher nicht alles richtig gemacht und mache das auch heute noch nicht. Wichtig ist, aus den kleinen Fehlern zu lernen und jeden Tag ein bisschen besser zu werden.

Tipps

Nicolas Tipps für den Nachwuchs

Zuerst einmal: Glaubt an euch! Uns wurde im ersten Semester von einem externen Referenten gesagt, dass wir mit einem Journalistik-Studium der Arbeitslosigkeit entgegengehen. So ein Quatsch! Gute Journalistinnen und Journalisten werden gebraucht – erst recht in diesen Zeiten von Fake-News und Social Media. Unsere Rolle wird sogar wichtiger: Wir kuratieren den Strom der Unordnung, checken die Fakten und geben Einordnung.

Sucht euch euer Spezialgebiet. Der eine ist gut darin, vor der Kamera zu moderieren, die nächste, sich in Zahlen einzufuchsen sowie grafisch übersichtlich aufzubereiten und wiederum andere können tolle, lebhafte Reportagen verfassen. Worin seid ihr gut – und was macht ihr gerne? Sucht die Schnittmenge und ihr findet über kurz oder lang den richtigen Job für euch.

Verkauft euch nicht unter Wert. Klar hat fast jeder und jede mal ein unbezahltes Praktikum gemacht, das in einen schlecht bezahlten Nebenjob übergegangen ist – aber fragt euch immer: Bringt mich diese Erfahrung wirklich meinen beruflichen Zielen näher? Dann beißt euch mal eine Zeit lang durch. Aber lasst euch nicht dauerhaft ausbeuten. Guter Journalismus ist zu wichtig, um schlecht bezahlt zu werden.

Nicolas Friedrich

Nicolas Friedrich

… arbeitet für die Produktionsfirma Prime Productions und leitet seit 2017 die Online-Redaktion der ZDF heute-show. Er studierte Journalistik an der TU Dortmund und absolvierte sein Volontariat bei der Thüringer Allgemeinen.

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