„Ohne Neugierde geht im Lokaljournalismus gar nichts“
„Das haben wir schon immer so gemacht“ – dieser Satz funktioniere nicht mehr, sagt Christian Stahl, Leiter der Lokalredaktion Rhein-Sieg des Kölner Stadt-Anzeigers. Wichtig im Lokaljournalismus seien vielmehr die Bereitschaft, sich immer wieder auf neue Themen und Perspektiven einzulassen.
Werksgelände: Was macht man eigentlich als Redaktionsleiter einer Lokalzeitung?
Christian Stahl: Das legt jede Kollegin und jeder Kollege sicherlich sehr individuell aus. Für mich gehört zu meinen Kernaufgaben vor allem die Suche nach den Themen, die die Menschen in der Region beschäftigen. Das ist ein nie endender Prozess, den ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Redaktion jeden Tag vorantreibe. Die konzeptionelle Arbeit, also das regelmäßige Optimieren unserer Arbeitsabläufe gehört natürlich genauso dazu wie ein offenes Ohr für die Kolleginnen und Kollegen – genauso wie für die Leser. Alles mit einem Ziel: Den Menschen in der Region jeden Tag ein starkes Produkt zu liefern – und zwar auf allen Kanälen.
Welche Erfahrungen oder Talente sollte man für den Job mitbringen?
Vor allen anderen Dingen: Neugierde und die Bereitschaft, sich immer wieder auf neue Themen und Sichtweisen einzulassen. Zusätzlich hilft sicherlich eine Begabung im Umgang mit Menschen und die Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen und Zusammenhänge im Kern zu erfassen. Viele andere Fähigkeiten, wie eine gute „Schreibe“, sollten sicherlich vorhanden sein – entwickeln sich aber auch mit der Zeit. Ohne Neugierde geht aber gar nichts.
Bei all der Schnelligkeit fällt es manchmal schwer, sich die Zeit zu nehmen, um Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
- Christian Stahl
Was reizt Dich an Deinem Beruf?
Mein Tag ist nie planbar. Das lässt mich manchmal mit dem Kopf schütteln, ist aber auch unglaublich reizvoll. Denn ich lerne ständig neue Menschen kennen, beschäftige mich mit neuen Themen und lasse mich innerhalb von Minuten auf völlig neue Situationen ein. Wenn am Ende des Tages alles genauso gelaufen ist, wie ich es am Tag zuvor geplant hatte, dann hab ich irgendwas falsch gemacht. Denn dafür ist die Region viel zu dynamisch.
Was sind die größten Herausforderungen in Deinem Job?
Bei all der Schnelligkeit, die der Job von mir und meinem Team verlangt, fällt es manchmal schwer, sich die Zeit zu nehmen, um Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Sich nicht treiben zu lassen, sondern zugunsten der besseren Geschichte auch mal abzuwarten, kann bisweilen herausfordernd sein. Dennoch muss die Balance zwischen Schnelligkeit und Qualität immer stimmen – dafür stehen unsere Marken.
Was war Dein bisher größter Flop im Job, und was hast Du daraus gelernt?
Flops gehören zum Job dazu und lassen sich nicht vermeiden – auch wenn wir jeden Tag mit größtmöglicher Sorgfalt an unseren Inhalten arbeiten. Einen besonders großen Flop kann ich gar nicht ausmachen, jeder einzelne Fehler nervt mich sehr. Wichtig ist, eine gesunde Fehlerkultur zu entwickeln und eigene Fehler einzugestehen. Jeder Einzelne hilft dabei, die Prozesse zu verbessern. Klingt nach einer Floskel – ist aber so.
Christians Tipps für den Nachwuchs
Seid neugierig, stellt viele Fragen und vertraut auf eure Instinkte. Die Zeiten, in denen „das haben wir schon immer so gemacht“ funktioniert hat, sind vorbei. Also bringt euch ein und gestaltet den Journalismus der Zukunft aktiv mit.
Christian Stahl
… leitet seit Juni 2022 die Lokalredaktion Rhein-Sieg des Kölner Stadt-Anzeigers. und der Kölnischen Rundschau. Bei der Neuen Rhein Zeitung hat er sich vorher schwerpunktmäßig mit der digitalen Weiterentwicklung der Inhalte und der Marke NRZ beschäftigt.
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