14. Dezember 2024
Charlotte Haunhorst

"Manche Jobs wird es im Journalismus in Zukunft so nicht mehr geben"

Charlotte Haunhorst, Head of Digital beim Handelsblatt, sieht in den Fortschritten der Künstlichen Intelligenz einen Gamechanger für den Journalismus. Vor allem das News-Geschäft werde sich automatisieren, prognostiziert Haunhorst. Warum der Journalismus trotzdem eine Zukunft hat, wie sich Medienschaffende jetzt positionieren sollten und warum Liebe für Menschen wichtig ist.

Werksgelände: Was macht man eigentlich als Head of Digital beim Handelsblatt?

Charlotte Haunhorst: Ich bin in der Chefredaktion für alle Digital-First-Kanäle zuständig. Das heißt, ich bin inhaltlich verantwortlich für die Bereiche Podcast, Newsletter, Social, Datenjournalismus. Ich bin aber auch die Schnittstelle zu unserer Produktabteilung und zum Vertrieb. Ich beschäftige mich also viel mit der Frage, wen wir als Handelsblatt erreichen wollen und wie wir Menschen davon überzeugen, ein Abo bei uns abzuschließen. Querschnittsthemen wie Künstliche Intelligenz und was sie für den Journalismus bedeutet (viel!) oder Audience Development fallen auch in meinen Bereich.

Welche Erfahrungen oder Talente sollte man für den Job mitbringen?

Liebe für Menschen. Wer keine Menschen mag, hat es als Journalistin schwer und ist meistens auch keine besonders gute Führungskraft. Ansonsten sind die Klassiker meiner Meinung nach wichtig: Journalistisches Handwerk, Neugierde und Resilienz.

Manche Jobs wird es im Journalismus in Zukunft so nicht mehr geben wird. Insbesondere das News-Geschäft wird sich aus meiner Sicht automatisieren und darauf müssen wir vorbereitet sein.

- Charlotte Haunhorst

Was reizt Dich an Deinem Beruf?

Alle reden derzeit über „Purpose“ im Job, also die Suche, nach einem höheren Sinn in dem, was man tut. Journalismus hat kein Purpose-Problem. Wir leisten einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft. Daran denke ich auch immer, wenn ich mal nicht so tolle Aufgaben auf dem Tisch habe. Zum Beispiel Rechnungen freigeben oder das hundertste Abstimmungs-Meeting.

Was sind die größten Herausforderungen in Deinem Job?

Das Fortschreiten der Künstlichen Intelligenz wird den Journalismus massiv verändern. Ich denke, wir werden uns wieder stärker auf unsere Kernaufgaben besinnen – mit Menschen sprechen, recherchieren, was noch nicht im Internet steht, persönlich Dinge einordnen. Aber das bedeutet auch, dass es manche Jobs im Journalismus in Zukunft so nicht mehr geben wird. Insbesondere das News-Geschäft wird sich aus meiner Sicht automatisieren und darauf müssen wir vorbereitet sein.

Was war dein bisher größter Flop im Job, und was hast du daraus gelernt?

Ich habe mich mit 19 an einer Journalistenschule beworben und war im Vorstellungsgespräch ein Totalausfall, inklusive Stottern und Heulen. Danach habe ich mich so geschämt, dass ich mich nie wieder an einer bewerben wollte. Drei Jahre später hatte ich einen tollen Chef in einem Praktikum, Dirk von Gehlen bei jetzt.de von der Süddeutschen Zeitung. Der hat mich ermutigt, es nochmal zu versuchen und es hat wunderbar geklappt. Einen Menschen zu haben, der an einen glaubt – das verändert alles.

Tipps

Charlottes Tipps für den Nachwuchs

Der Arbeitsmarkt für Medienschaffende ist besser, als alle immer sagen. Auch wir Medienhäuser spüren den Fachkräftemangel. Anders als früher, sind viele ausgeschriebene Stellen wirklich zu besetzen und man sollte sich unbedingt bewerben, auch wenn man nicht alle Anforderungen der Ausschreibung erfüllt. Ich persönlich merke mir gute Leute aus Vorstellungsgesprächen. Und melde mich dann oft später nochmal, wenn es beim ersten Mal nicht geklappt hat, aber eine andere, passendere Stelle frei wird.

Charlotte Haunhorst

… ist seit Oktober 2021 Head of Digital und Mitglied der Chefredaktion beim Handelsblatt. Sie verantwortet die inhaltliche und strategische Weiterentwicklung aller digitalen Kanäle des Handelsblatts sowie die redaktionelle Produktentwicklung. Vor ihrem Wechsel zum Handelsblatt leitete sie bei der Süddeutschen Zeitung die 15-köpfige Redaktion des crossmedialen Jugendportals jetzt.de.

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