Warum Cybersicherheits-Content auf Instagram junge Frauen nicht erreicht
Digital Natives unterschätzen Cybersicherheit und sind häufiger von Internet-Kriminalität betroffen. Aufklärung über Social Media könnte hier helfen. Eine wichtige Gruppe wird dabei jedoch nicht erreicht: Mädchen und junge Frauen.
Mädchen und junge Frauen fühlen sich von Inhalten zum Thema Cybersicherheit auf Instagram nur selten angesprochen. Auf sie wirkt der IT-Bereich unüberschaubar und hat daher ein abschreckendes Image. Dabei sind sie durchaus an Cybersicherheit interessiert und könnten durch verständliche, authentische und unterhaltsame Inhalte auch über Social Media wie Instagram erreicht werden. Das geht aus einer Studie der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hervor.
In der Studie wurden Gruppendiskussionen mit Oberstufenschülerinnen eines Mädchengymnasiums geführt, die zu ihrer Social-Media-Nutzung im Allgemeinen und speziell zu Instagram befragt wurden. Als konkrete Beispiele zum Thema IT- und Cybersicherheit wurden ihnen Posts des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgelegt. Das BSI verfolgt mit seinem Instagram-Kanal das Ziel, vor allem Jugendliche und junge Erwachsene zu erreichen.
Warum Cybersicherheits-Content auf Instagram nicht ankommt
Grundsätzlich lassen sich drei Szenarien voneinander unterscheiden, die erklären, warum junge Frauen und Mädchen auf Instagram nur selten mit Social-Media-Content zu IT-Themen interagieren:
• Sie interessieren sich nicht für Cybersicherheit bzw. IT im Allgemeinen.
• Mädchen nutzen Instagram für Zwecke, zu denen IT-Themen nicht passen.
• Die Gestaltung der Inhalte entspricht nicht dem Geschmack der Zielgruppe.
Dabei handelt es sich um eine Mischung der Szenarien, wobei insbesondere die Instagram-Nutzung allgemein und die Gestaltung von Cybersicherheits-Content eine Rolle spielen.
An den Posts des BSI schätzen die Teilnehmerinnen der Gruppendiskussionen die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der Informationen. Fast noch wichtiger ist jedoch der Unterhaltungswert und damit einhergehend die Authentizität der Personen, die sich auf dem Kanal präsentieren. Hier liegt aus Sicht der Schülerinnen die größte Schwäche des BSI-Cybersicherheits-Content.
Das Image-Problem der IT und wie sich Cybersicherheit davon abhebt
Informationssicherheit spielt bei der Digitalisierung unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle. Daher ist es ein Ziel des BSI, insbesondere Digital Natives auf digitalen Plattformen mit Tipps und Themen rund um Cybersicherheit zu versorgen. Denn diese Gruppe unterschätzt häufig Cybersicherheits-Risiken und ist häufiger von Vorfällen betroffen. Das zeigt der Cybersicherheitsmonitor 2024 des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) und des BSI. Doch in der BSI-Community auf Instagram sind sie nur schwach vertreten. Langfristig könnte sich diese Entwicklung negativ auf die gesamtgesellschaftliche Digitalisierung in Deutschland auswirken.
Auch die Schülerinnen geben in der Studie an, dass ihnen IT generell zu kompliziert und unübersichtlich erscheint. Grundsätzlich erkennen sie aber, dass Cybersicherheit in ihrem Alltag eine wichtige Rolle spielt. Sie erleben auf Instagram, wie Accounts anderer gehackt und Deep Fakes verbreitet werden oder erhalten selbst Phishing-Nachrichten. Durch solche Erfahrungen sind die Mädchen sensibilisiert und stehen dem Thema Cybersicherheit positiv gegenüber. Es besteht also ein Zwiespalt: IT im Allgemeinen erscheint kompliziert, Cybersicherheit dagegen erreichbar.
Cybersicherheit nicht in der Content-Bubble
Ob Stories posten, Reels teilen oder Influencern folgen – die Befragungen haben ergeben, dass die Schülerinnen auf Instagram am liebsten Beiträge teilen und mit Freunden chatten. Außerdem lassen sie sich lieber mit Inhalten berieseln, als selbst zu posten. Dementsprechend stammt der empfohlene Content hauptsächlich von Freunden und Bekannten oder von Prominenten und Influencern, also Accounts, denen die Schülerinnen bereits folgen. Das BSI oder ähnliche Kanäle gehören nicht zu ihrer Content-Bubble. Die Herausforderung für die Behörde besteht also darin, in die Bubble der Schülerinnen zu gelangen.
Inhaltlich bewerten die Mädchen das Potenzial von Cybersicherheits-Content auf Instagram unterschiedlich. Einzelne Schülerinnen stehen der Wissensvermittlung über Social Media kritisch gegenüber:
Instagram ist einfach Social Media. Das ist jetzt nichts, woraus sich mir ein Nutzen ergibt oder ich etwas lerne.
- Feli, 16
Die Plattform diene der Unterhaltung. Andere Schülerinnen sehen in der Plattform durchaus eine Chance für Cybersicherheits-Content, da komplexe Inhalte durch die vielen visuellen Möglichkeiten vereinfacht werden können. Trotz der unterschiedlichen Meinungen zeigt dieser Diskussionspunkt, dass sich zumindest ein Teil der Zielgruppe sich auf Cybersicherheits-Content einlassen würde, solange die Präsentationsweise ansprechend ist.

Thema der Gruppendiskussionen: Posts des BSI-Instagram-Kanals
Zwischen Fake News und Entertainment
In den Gruppendiskussionen mit den Schülerinnen wird deutlich, dass das BSI bereits einiges richtig macht: seriöses Auftreten, Themenwahl und das Design. Die inhaltliche und visuelle Gestaltung der Beiträge wirkt sich demnach positiv auf die Wahrnehmung des Kanals aus. Der Minimalismus des Designs hat Wiedererkennungswert, für die Mehrheit der Schülerinnen wirkt es sogar seriös. Zudem spiele die Verbindung zum Staat eine wichtige Rolle, dem die Schülerinnen großes Vertrauen entgegenbringen. Dies sei angesichts der regelmäßigen Fake News auf Instagram von großem Wert. Werden die Schülerinnen mit Informationen auf Instagram konfrontiert, bewerten sie diese skeptisch und sortieren schnell aus, was glaubwürdig ist und was nicht. Der erste Eindruck zählt.
Sind die Schülerinnen bereit, sich Posts anzuschauen, muss der Inhalt einfach genug erklärt werden. Um die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, scheint Digital Storytelling hilfreich zu sein. So kann komplexes Wissen auf Plattformen wie Instagram Stück-für-Stück vermittelt werden. Die Folgen von fehlender Struktur in Reels oder einer Aneinanderreihung von Slides und zu komplexer Sprache: Solche Beiträge würden die Schülerinnen sofort überspringen. Positiv fügte die Mehrheit jedoch hinzu, dass die Kürze der Reels ein großer Pluspunkt sei, ebenso wie die Auswahl der Themen. Diese stießen durch ihren Alltagsbezug auf Interesse.
Mit Abstand am wichtigsten ist den Schülerinnen die Authentizität der Personen in den Reels. Allerdings liegt hier auch die größte Schwäche der BSI-Reels.
Was mich wirklich gestört hat, war, dass sie so monoton gesprochen haben. Das hat alles ins Negative gezogen.
- Jana, 16
Begeisterung und Authentizität der Presenter bringen offenbar den Spaß und den Unterhaltungswert in ein Reel. Auch hier entscheidet sich innerhalb von Sekunden, ob das Reel angeschaut wird oder nicht.
Sei echt! Authentizität als Schlüsselfaktor auf Instagram
Was muss sich also ändern? Zunächst muss der BSI-Kanal für junge Frauen und Mädchen auf Instagram sichtbarer werden – zum Beispiel durch Kooperationen mit Influencern. Über deren Reichweite kann der Kanal neue Zielgruppen erschließen und die eigene Community vergrößern. Darüber hinaus sollte der Fokus vor allem darauf liegen, die Inhalte verständlich, authentisch und damit unterhaltsam aufzubereiten.
Dazu sollte das BSI seine Inhalte auf den Wissensstand der Schülerinnen herunterbrechen. Zudem könnte digitales Storytelling in Reels dabei helfen, Themen leichter zu folgen. Aktuelle Trends auf Instagram sollten dem BSI als Orientierung dienen. Vor allem aber sollten die Personen in den BSI-Reels natürlicher und authentischer wirken. Freies Sprechen ohne konkrete Vorlage und vor allem Alltagssprache könnte dabei helfen. Damit wäre der Unterhaltungsfaktor gewährleistet.
Die Studie
Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Studie, die im Rahmen der Bachelorarbeit von Angela Valdivia Manchego im Studiengang Visuelle Technikkommunikation durchgeführt und im März 2024 an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg eingereicht wurde. Im Rahmen der Arbeit wurden im August 2023 zwei Gruppendiskussionen mit insgesamt elf Mädchen durchgeführt. Die Teilnehmerinnen waren Oberstufenschülerinnen eines Mädchengymnasiums im Kreis Bonn-Rhein-Sieg.
Erstbetreuerin: Prof. Dr. Tanja Köhler
Zweitbetreuerin: Prof. Dr. Susanne Keil
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Angela Valdivia Manchego
Angela Valdivia Manchego, 2001 in Bonn geboren, war schon immer kreativ. Sie zeichnet, entwirft Kleider und fängt mit ihrer Kamera die Natur ein. Ihre größte Leidenschaft gilt jedoch Animes, Filmen und Serien – besonders Coming-of-Age-Geschichten aus Japan und Italien haben es ihr angetan. Von diesen inspiriert, dreht sie inzwischen eigene Videos und verbindet dabei ihr Interesse an Cyberspace und Naturwissenschaften. Zudem produziert sie auch kurze Erklärvideos auf Instagram, etwa für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.